Montenegro steht kurz vor dem Abschluss von Kapitel 5 – Öffentliches Beschaffungswesen, einem der wichtigsten Verhandlungskapitel im Beitrittsprozess zur Europäischen Union. Wie Granica Kovačević, Abteilungsleiterin der Direktion für den EU-Beitritt Montenegros, in der Sendung „U Bojema jutra“ von TV Vijesti betonte, ist der Abschluss dieses Kapitels von außerordentlicher Bedeutung, da es Teil von Cluster 1 ist, der grundlegende Reformen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, öffentliche Verwaltung und institutionelle Funktionalität umfasst.
„Dies ist nicht nur ein technischer Durchbruch – es ist ein Indikator für die Entschlossenheit Montenegros, tiefgreifende Reformen umzusetzen“, sagte Kovačević.
Sie betont, dass der Abschluss des Kapitels ein Zeichen dafür sei, dass die Institutionen funktionieren, dass die Reformen real seien und dass Montenegro die europäische Integration nicht als Formalität, sondern als einen Prozess grundlegender Veränderungen betrachte.
Jelena Jovetić, Generaldirektorin der Direktion für öffentliches Investitionsmanagement und öffentliche Beschaffungspolitik im Finanzministerium, ist besonders stolz auf die Einführung der elektronischen öffentlichen Beschaffung, die ihrer Meinung nach das Konzept der Verwaltung dieser Prozesse völlig verändert hat.
„Von einem System, in dem Angebote in Papierform mit Bürgen eingereicht wurden, haben wir heute eine elektronische Einreichung, einen stärkeren Wettbewerb und eine größere Transparenz“, sagte Jovetić.
Ihren Angaben zufolge liegt die Zahl der durchschnittlichen Angebote pro Ausschreibung mittlerweile bei über drei, was eindeutig auf einen zunehmenden Wettbewerb hindeutet.
Die Eliminierung des menschlichen Faktors durch die Digitalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens gilt als einer der wichtigsten Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung. Jovetić betont zudem die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen: Stellt das Finanzministerium Unregelmäßigkeiten fest, werden diese zur weiteren Bearbeitung an die zuständigen Antikorruptionsbehörden weitergeleitet.
Der Abschluss dieses Kapitels, so Kovačević, bedeute nicht das Ende der Reformen. Im Gegenteil – er kennzeichnet den Beginn einer neuen Phase, in der die Europäische Kommission die Umsetzung der verabschiedeten Gesetze und Standards aufmerksam überwachen wird.
„Der Abschluss dieses Kapitels markiert den Beginn einer intensiveren Aufsicht und stärkeren Rechenschaftspflicht. Nur die konsequente Anwendung der Regeln bringt den Bürgern Vorteile“, sagte Kovačević. Jovetić fügte hinzu, dass das öffentliche Beschaffungswesen jährlich fast 800 Millionen Euro umfasse und seine ordnungsgemäße Umsetzung für die Wirtschaftsströme des Landes von entscheidender Bedeutung sei.
Auf die Frage nach den Bedenken der Europäischen Kommission hinsichtlich des zwischenstaatlichen Abkommens mit den VAE, das Projekte vom öffentlichen Beschaffungswesen ausnimmt, erklärte Jovetić, dass eine solche Möglichkeit auch in den EU-Richtlinien vorgesehen sei.

„Die Einigung liegt im rechtlichen Rahmen und es ist wichtig, dass wir auch in diesen Fällen die Anwendung europäischer Standards nachweisen“, betonte sie.
Die Bürgerinnen und Bürger, so die Gäste, würden von mehr Transparenz, einer gerechteren Verwendung öffentlicher Gelder, besseren Infrastrukturleistungen und wirtschaftlichen Chancen profitieren. Die Reform des öffentlichen Beschaffungswesens habe direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben.
„Die Bewertung der öffentlichen Beschaffung lag in der Umfrage der Handelskammer über drei – das ist das beste Ergebnis unter den analysierten Bereichen“, sagt Jovetić.
Montenegro hofft, bis 2028 das 28. Mitglied der EU zu werden. Der Abschluss von Kapitel 5 sei, wie die Gesprächspartner betonen, ein wichtiger Schritt in Richtung dieses Ziels, aber auch ein Indikator dafür, dass das Land nicht auf die Mitgliedschaft warte, sondern aktiv Reformen umsetze.
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